Lesegottesdienst Ostersonntag (Bickelhaupt)

Psalm des Sonntages 118, 14-24

14 Der HERR ist meine Macht und mein Psalm und ist mein Heil. 15 Man singt mit Freuden vom Sieg / in den Hütten der Gerechten: Die Rechte des HERRN behält den Sieg! 16 Die Rechte des HERRN ist erhöht; die Rechte des HERRN behält den Sieg! 17 Ich werde nicht sterben, sondern leben und des HERRN Werke verkündigen. 18 Der HERR züchtigt mich schwer; aber er gibt mich dem Tode nicht preis. 19 Tut mir auf die Tore der Gerechtigkeit, dass ich durch sie einziehe und dem HERRN danke. 20 Das ist das Tor des HERRN; die Gerechten werden dort einziehen. 21 Ich danke dir, dass du mich erhört hast und hast mir geholfen. 22 Der Stein, den die Bauleute verworfen haben, ist zum Eckstein geworden. 23 Das ist vom HERRN geschehen und ist ein Wunder vor unsern Augen. 24 Dies ist der Tag, den der HERR macht; lasst uns freuen und fröhlich an ihm sein.


Predigt über 1.Brief der Paulus an die Korinther 15,(12–18)19–28

 

12 Wenn aber Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? 13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. 14 Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 15 Wir würden dann auch als falsche Zeugen Gottes befunden, weil wir gegen Gott bezeugt hätten, er habe Christus auferweckt, den er nicht auferweckt hätte, wenn doch die Toten nicht auferstehen. 16 Denn wenn die Toten nicht auferstehen, so ist Christus auch nicht auferstanden. 17 Ist Christus aber nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden; 18 dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 20 Nun aber ist Christus auferweckt von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind. 21 Denn da durch einen Menschen der Tod gekommen ist, so kommt auch durch einen Menschen die Auferstehung der Toten. 22 Denn wie in Adam alle sterben, so werden in Christus alle lebendig gemacht werden. 23 Ein jeder aber in der für ihn bestimmten Ordnung: als Erstling Christus; danach die Christus angehören, wenn er kommen wird; 24 danach das Ende, wenn er das Reich Gott, dem Vater, übergeben wird, nachdem er vernichtet hat alle Herrschaft und alle Macht und Gewalt. 25 Denn er muss herrschen, bis Gott »alle Feinde unter seine Füße gelegt hat« (Psalm 110,1). 26 Der letzte Feind, der vernichtet wird, ist der Tod. 27 Denn »alles hat er unter seine Füße getan« (Psalm 8,7). Wenn es aber heißt, alles sei ihm unterworfen, so ist offenbar, dass der ausgenommen ist, der ihm alles unterworfen hat. 28 Wenn aber alles ihm untertan sein wird, dann wird auch der Sohn selbst untertan sein dem, der ihm alles unterworfen hat, auf dass Gott sei alles in allem.

Liebe Lese/innen,

 

wenn man genau hinschaut, dann stehen die Verse 12-18 in Klammern – in liturgischer Lesart bedeutet das, der Haupttext für diesen Ostersonntag sind eigentlich die Verse 19-28. Und doch interessiert mich heute eher der erste Teil des Textes.

 

„Wie können dann einige unter euch sagen: Es gibt keine Auferstehung der Toten?“ – diese Frage geht an die Gemeinde in Korinth und sie offenbart uns, dass der Zweifel an der Auferstehung kein Phänomen der europäischen Aufklärung ist – er war schon Mitte des ersten Jahrhunderts in Griechenland durchaus präsent. Auch damals schon verließen sich die Menschen eher auf das, was für den Verstand erklärbar, sichtbar und wiederholbar festzustellen war – für auferstandene Tote galt das auch im 1. Jahrhundert eher nicht.

 

Letzten Donnerstag unterhielt ich mich mit einem Freund – so wie man das in diesen Zeiten macht von Bildschirm zu Bildschirm – und er sprach mit einem hintergründigen Lachen: „Aber du kannst doch nicht an etwas glauben, was du gar nicht weißt!“  Daraufhin lachte ich dann und sagte: Doch, denn wenn ich es wüsste, dann würde ich es ja nicht zu glauben – genau das macht den Unterschied von Wissen und Glauben. Glauben ist Vertrauen in das, was ich eben nicht weiß bzw. auch nicht prüfen kann oder will. Und unser tagtägliches Leben ist voll von solchen Glaubens-, oder Vertrauensakten. Als Menschen könnten wir ohne sie nicht leben. Sie sind mindestens ebenso wichtig, wenn nicht sogar wichtiger als Wissen.  Das fängt schon bei ganz banalen Dingen an. Wenn ich etwa in einen Bus steige, glaube ich daran, dass der Buslenker nüchtern ist, gerade keinen Selbstmord mit dem Bus plant und auch in Gefahrensituationen gut reagieren kann. Ich glaube auch daran, dass der Bus technisch gut gewartet wurde und kein Amokläufer an der nächsten Haltestelle einsteigt und wild um sich schießt. Aber wissen kann ich all das natürlich nicht – wollte ich es prüfen, um zu wissen, käme ich nicht vom Fleck. Mein Einsteigen und Mitfahren ist und bleibt ein unbewusster  Glaubensakt – einer unter täglich hunderten anderen.

 

Nun geht’s ja hier im Paulustext aber nicht um so alltägliche Dinge wie das Busfahren, es geht um die Auferstehung Jesu und unsere eigene Auferstehung nach dem Tod.  „Glauben sie denn an die Auferstehung?“, werde ich als Pfarrer natürlich immer wieder gefragt. Meine Antwort ist ein schnelles und klares „Ja natürlich!“ „Sie glauben also daran, dass Jesus richtig tot und dann wieder ganz lebendig und sichtbar unter seinen Jüngern unterwegs war?“, ist dann meistens die zweite Frage und hier kann ich dann nicht mehr so ganz schnell und klar antworten. Denn das ist eine Frage nach historischen und biologischen Fakten, die für meinen Auferstehungsglauben keine Rolle spielen. Und selbst wenn die Wissenschaft eines Tages eine Technik entdecken würde, die es möglich macht, einen Toten noch einmal 40 Tage lang zu realem Leben zu erwecken, selbst dann würde das für meinen Auferstehungsglauben keine Rolle spielen - es wäre neues Wissen, nicht aber Glauben.

 

Für mich ist der Glaube an die Auferstehung Jesu etwas anderes. Für mich ist es die Gewissheit, dass dieses Universum weiter ist als unser kleiner Verstand, der gerade mal den Zeitraum  zwischen Geburt und Tod erfassen kann. Und auch ich selbst bin in dieser Gewissheit mehr als nur ein Geschöpf, das sich zu Lebzeiten abrackert, alt wird und dann im Nichts versinkt. „Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen.“ - so schreibt es Paulus an die Korinther. Und wenn es nur allein um „dieses Leben“ ginge, dann wäre auch Christus selbst der Elendeste unter den Elenden, denn er hat sich an seinen Idealen abgerackert und hat dafür in jungen Jahren mit dem Tod bezahlt, so wie viele auch vor und nach ihm.

 

Ich glaube daran, dass es nicht so war. Ich glaube daran, dass das, was Jesus getan hat nicht einfach mit dem Tod ausgelöscht wurde, sondern auferstanden ist. Ich glaube daran, dass es kein wirkliches Ende gibt. Mein Auferstehungsglaube sagt mir: Der Tod ist die Vorspiegelung einer falschen Realität. Er möchte uns dazu überreden, klein und begrenzt zu bleiben, Ideale und Hoffnungen aufzugeben, „Realpolitik“ zu machen, wie man so schön sagt, den Pfeil nicht mehr über sich hinauszuschießen, wie Nietzsche es formuliert. Er lädt uns ein, zu denken: Schau auf dich und deine Begrenzungen im irdischen Leben und mach das Beste daraus; alles andere hat eh keinen Sinn, denn irgendwann kommt der Sensenmann und mäht dich ab.

 

Auferstehungsglaube sagt: Nein, lieber Tod, du kannst mir keine Angst machen; schon in diesem Leben nicht. Wenn ein Projekt scheitert, dann glaube ich daran, dass mich Gott aufstehen lässt und mir ein neues schenkt. Wenn ein Ideal an sein Grenzen stößt, dann glaube ich daran, dass irgendwann diese Grenzen überwunden werden können, weil es einen Heiligen Geist gibt, der lebt und wirkt und der den unheiligen Geistern, die so mächtig und bestimmend erscheinen, die Stirn bieten kann. Und selbst wenn ich das irdische Leben verlasse, hast du lieber Tod keine Macht über mich, denn dann ist das, was ich im Innersten bin und was man Seele nennt nicht einfach weg, sondern in einer Welt, die viel größer ist als alles, was wir ahnen können.

Lieber Tod, du regierst mit Angst und Angst schürt Zweifel, Wut und letztlich Gewalt und Betrug, weil einer sich gegen den anderen durchsetzen möchte. In Krisenzeiten erleben wir das besonders stark und wir brauchen derzeit gar nicht weit zu schauen – Stichwort „Europäische Solidarität“. Der Glaube an die Auferstehung aber kann die Angst überwinden, weil er Fakten und Zahlen zwar ernst nimmt, aber weit darüber hinaus reicht.   

 

Ich merke natürlich auch an mir, liebe Leser/innen, dass der Glaube an die Auferstehung immer wieder Blessuren bekommt, wenn ich mir die Realität dieser Welt anschaue. Es ist leichter an das Überleben einer Busfahrt zu glauben, als an die Auferstehungskraft des Heiligen Geistes.  Es kommt aber auch ein Stück darauf an, wo ich meinen Fokus habe. Würde ich täglich alle Nachrichten von tödlichen Busunglücken in der ganzen Welt erhalten, wie sähe dann mein nächstes Einsteigen in einen Bus aus? Andersherum: richte ich meine Augen dorthin, wo Menschen mit und durch ihrem Glauben an die Auferstehung die Welt erfolgreich ein Stück verändert haben und verändern, dann fällt es mir auch wieder leichter, mit den Blessuren umzugehen, die mein Glauben an die Auferstehung  von Zeit zu Zeit erhält.

Und mein gesunder Menschenverstand sagt mir ohnehin – wer an Auferstehung glauben kann, ist allemal besser dran, als der, der es nicht vermag, weil im Auferstehungsglauben die Kraft der Hoffnung und des Mutes das letzte Wort hat. Leider lässt sich so ein Glaube nicht verordnen – man kann nur immer wieder auf Christus schauen und darauf aufmerksam machen, wie das eben auch Paulus tat, als er an die Korinther schrieb. 


Dieses schöne Osterlied stammt ursprünglich aus Afrika - und so gibt es heute auch noch eine afrikanische Version aus Tansania - wer mitsingen will - im Gesangbuch die Nr. 116.

Gebet

 

„Christos anesti!“ – so begrüßen sich die Menschen in Griechenland in den Ostertagen – „Christus ist auferstanden!“.

 

Gott wir bitten dich, lass diesen Gedanken auch in unseren Herzen wach bleiben. Und lass uns sehen und spüren, dass Christus tagtäglich neu aufersteht; in den Menschen, die für andere Menschen da sind; in den Trauernden, die neue Kraft schöpfen; in den Leidenden, die nicht aufgeben, in den Kämpfenden; die sich mit der Ungerechtigkeit nicht abfinden; in den Stehengebliebenen, die wieder gehen lernen. Und nimm uns alle mit auf dem Weg der Liebe, den dein Sohn gegangen ist und der im Tod kein Ende fand.                                                       Amen



Der Auferstandene schenke uns seinen Segen; er gebe uns die Kraft, selbst aufzustehen und denen unter die Arme zu greifen, die am Boden liegen. Er begleite uns in der Gewissheit, dass der Tod seine Macht verloren hat.

 

In diesem Sinne ein fröhliches Osterfest mit einem kräftigen Lachen gemäß einem liturgischem Brauch, mit  dem Tod und Teufel im Ostergottesdienst ausgelacht werden.

                                                                                            Ihr/Euer Pfarrer Michael Bickelhaupt

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Kommentare: 1
  • #1

    Edith Schiemel (Sonntag, 12 April 2020 09:24)

    Wow, da geht´s ja voll ans Eingemachte!!!
    Danke auch für das Osterlied in Originalsprache.
    Frohe Ostern,
    Edith