Lesegottesdienst Sonntag Jubilate (Christa Bukovics)

Einführung

"Jubilate! - Jubelt!"

 

Im Frühling fällt es uns meist leicht, in den Jubel der erwachenden Natur einzustimmen. Ihr Wiederaufblühen wird in der Osterzeit zum wunderbaren Sinnbild für die Auferstehung.

Schöpfung und neues Leben sind Thema dieses Sonntags Jubilate: Er erzählt von der guten Schöpfung am Anfang, vom schöpferischen Spiel der Weisheit vor Gott, aber auch von der Vorläufigkeit der Schöpfung. Auch wir Christen sind der Vergänglichkeit unterworfen, und doch haben wir bereits eine Ahnung vom neuen Leben, denn Jesus ist auferstanden! Für uns, die wir daran glauben, hat der Tod seine Endgültigkeit verloren. Wir können neu werden, auch hier und heute, gerade in dieser besonderen und schweren Zeit! Wenn wir an dieser Hoffnung festhalten, wächst uns Stärke zu. Denn, wie der Weinstock seinen Trieben Kraft gibt, so haben auch Christen ihren Halt in Christus und können sich immer wieder zum Leben rufen und erneuern lassen.

 

Ich lade Sie und Euch ein, eine Kerze anzuzünden, Gesangbuch und Bibel bereitzulegen und in der Gemeinschaft über die Entfernung hinweg Gottesdienst  zu feiern!

 

Wir beginnen im Namen Gottes - des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes. AMEN

 

Wochenspruch: "Ist jemand in Christus, so ist er eine neue Kreatur; das Alte ist vergangen, siehe, Neues ist geworden." (2. Korinther 5,17)


Wochenpsalm: Psalm 66, 1-9

 

Jauchzet Gott, alle Lande! Lobsinget zur Ehre seines Namens; rühmet ihn herrlich! Sprecht zu Gott: Wie wunderbar sind deine Werke! Deine Feinde müssen sich beugen vor deiner großen Macht. Alles Land bete dich an und lobsinge dir, lobsinge deinem Namen. SELA. Kommt her und sehet an die Werke Gottes, der so wunderbar ist in seinem Tun an den Menschenkindern. Er verwandelte das Meer in trockenes Land, sie gingen zu Fuß durch den Strom; dort wollen wir uns seiner freuen. Er herrscht mit seiner Gewalt ewiglich, seine Augen schauen auf die Völker. Die Abtrünnigen können sich nicht erheben. SELA. Lobet, ihr Völker, unseren Gott, lasst seinen Ruhm erschallen, der unsere Seelen am Leben erhält und lässt unsere Füße nicht gleiten.

 

Gebet

 

Gott, du Schöpfer aller Dinge, du erweckst die Natur zu neuem Leben und verheißt einen neuen Himmel und eine neue Erde, wo Gerechtigkeit wohnt. Wecke uns auf aus aller Verzagtheit, erneuere uns durch Christus, dass wir auferstehen zum Leben mit ihm. Dir sei Ehre in Ewigkeit.                           (aus: Kirchenagende Pfalz)


Wochenlied EG 432



Predigt zu Johannesevangelium 15, 1-8  (nach Gedanken von Elisabeth Küfeldt)

 

Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, nimmt er weg; und eine jede, die Frucht bringt, reinigt er, dass sie mehr Frucht bringe. Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bingen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht an mir bleibt. Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm,der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt,und man sammelt die Reben und wirft sie ins Feuer, und sie verbrennen. Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

 

Liebe Gemeinde!

 

I.

Es war bei einer Schlossführung. Im großen Festsaal ließ die Führerin vor den inneren Augen der Touristen ein farbenprächtiges Bild aus alten Zeiten entstehen: Wie nach dem Schmausen an den festlichen Tafeln im wörtlichen Sinn die „Tafel aufgehoben“ wurde. Da wurden nämlich die Holzbretter einfach von den Gestellen hochgehoben und mit dem Geschirr, der Dekoration und den Resten vom Essen von der zahlreichen Dienerschaft hinaus in die Küche getragen. Und sie erzählte, wie dann in kurzer Zeit der Saal bereit war für die verschiedenen Tänze und Spiele, mit denen man sich bei Hofe vergnügte. Und dann zeigte die Führerin auf die Steinbänke entlang der Mauern in den Fensternischen. „Hiervon kommt der Ausdruck Mauerblümchen“, erklärte sie. „Die Damen saßen da, bis ein Herr sie zum Tanzen aufforderte – und wer öfter keinen abbekam, der war eben ein Mauerblümchen.“ Und so sehr man vorher die Festfreude miterlebt hatte – so sehr konnte man sich jetzt die wachsende Enttäuschung der Übriggebliebenen vorstellen. Am Rande sitzen, statt dabei zu sein; zuschauen zu müssen, wie andere lachen und scherzen. Teil der Gemeinschaft zu sein, ohne wirklich dazu zu gehören. Das konnte in dieser Touristengruppe wohl jeder nachempfinden, über die Jahrhunderte hinweg. Der Schmerz ist der gleiche geblieben, ob das beim Tanz im Schloss seinerzeit war oder heute in Schulklassen oder Sportvereinen. Zuschauen müssen, wenn andere ihre Zusammengehörigkeit demonstrieren, zuschauen, statt dabei sein, eben ein Mauerblümchen sein.

 

II.

Ein solches Gefühl stellt sich zurzeit möglicherweise bei vielen ein. Unversehens sind durch die Corona-Pandemie ganz viele Menschen zu „Mauerblümchen“ geworden. Kaum vorstellbar, jetzt den „Mann oder die Frau für´s Leben“ zu finden. Oma und Opa sollen nicht mehr besucht werden und können nur per Video die ersten Schritte der Kleinen miterleben; Schulkinder vermissen ihre Freundinnen und Freunde. Selbst wenn die Schule für einige Jahrgänge wieder öffnet, müssen die Jüngeren „draußen bleiben“. Fußballfans dürfen höchstens „Geisterspiele“ am Fernseher verfolgen. Zuschauen, statt dabei zu sein – das macht eine ganze Gesellschaft zu „Mauerblümchen“. Viele Menschen sehnen sich danach, dabei zu sein, wieder mitmachen zu dürfen.  Für die Menschen in den Kirchengemeinden ist das nicht anders. Kirche – ohne Gottesdienst? Kirche – ohne Begegnung untereinander? Da helfen auf Dauer auch die vielen Angebote im Fernsehen und Internet nicht.Für sie alle ist unser heutiger Predigtabschnitt. Denn da macht Jesus deutlich: Wer auch immer Christ ist, der gehört unmittelbar dazu. Keine Mauerblümchen, sondern lauter Reben am Weinstock. Direkt am Weinstock!

 

III.

Als Jesus dieses Gleichnis erzählte, war das Bild den Zuhörern sehr vertraut – und zugleich explosiv. Vertraut deshalb, weil alle Zuhörer die harte Arbeit kannten, die ein Winzer auf seine Weinstöcke verwendet; ja, die meisten Zuhörer hatten selbst einen oder auch mehr Weinstöcke, um die sie sich mühten. Der steinige Boden musste vor dem Setzen des Stockes tiefgründig umgegraben und verbessert werden. Drei bis vier Jahre dauerte es, bis ein Weinstock überhaupt den ersten Ertrag brachte. Mehrfach im Jahr musste sehr sorgfältig beschnitten und ausgelichtet werden. In der Zeit der Reife musste der Weinberg gegen Tiere und Diebe Tag und Nacht gesichert werden. Ein ganz vertrautes Bild. Und alle wussten: Da braucht es schon Liebe dazu. Und deshalb war schon bald der Weinstock das Bild für die Geliebte geworden, um die ein Mann wirbt – und noch mehr: Die Propheten hatten das Volk Israel als den Weinstock bezeichnet, den Gott aus Ägypten geholt und in gutes Land gesetzt hat, um den er Mauern baut, um sie zu schützen. Das geliebte Volk, um das Gott wirbt – und das ihn verachtet. Das war der Grund heftiger Prophetenreden.

Jetzt – und das war hochexplosiv – sagt Jesus: Ich bin der wahre Weinstock! Also nicht mehr Israel, nicht mehr ein Volk, nicht mehr bestimmte Menschen von ihrer Abstammung her. Gott fängt noch einmal ganz von vorne an, mit Jesus, dem Sohn eines Zimmermanns. Und mit denen, die zu ihm gehören. Jesus sagt: Ihr, meine Jünger, meine Freunde, ihr seid die Reben, die dann die herrliche Frucht hervorbringen. Nicht, weil ihr so großartig seid, sondern weil ihr an mir dranbleibt.

Als Johannes von diesen Worten Christi erzählt – also am Ende des ersten Jahrhunderts – da hatten sie eine Zündkraft. Die Mehrzahl der Christen stammte nicht mehr aus dem Judentum, sondern aus anderen Völkern – den damals sogenannten Heiden. Es stellte sich die Frage: Wer gehört dazu zu diesem Weinstock? Solche, die „natürlich“ dazu gehören, mit Stammbaum bis Adam und Eva zurück – Ja! Aber was ist mit denen, die später dazugekommen sind, die nicht ursprünglich aus dem Volk Gottes stammen? Dürfen die halt „auch“ mit dabei sein? Obwohl sie bis vor kurzem die Zehn Gebote noch nicht kannten? Geschweige denn, sie gehalten haben. Schon damals gab es also die Frage nach Insidern und Mauerblümchen. Und Johannes schreibt ihnen allen, und uns dazu, ins Stammbuch: Der eine Insider, an dem sich alles entscheidet, ist Jesus: er ist der Weinstock. Wir anderen, ohne Unterschied, sind die Reben.

 

IV.

Weil wir an diesem Weinstock sind und bleiben, können wir Frucht bringen. Da ist das Gleichnis ungeheuer sachlich und nüchtern: Am Weinstock wächst allerhand, was rausgenommen werden muss für eine gute Ernte. Meterlange fruchtlose Ranken, Blattwerk, das buschig und grün ist, aber die Trauben verschattet. Jeder, der einen eigenen Weinstock pflegt, ist dahinter her, diese Kraftverschwendung abzustellen. Solange es den Weinstock betrifft. Im eigenen Leben sieht das manchmal anders aus.

In diesen Zeiten, wo wir mit Beschränkungen leben müssen, fällt so manchem auf, was fruchtlose Ranken, reines Buschwerk, pure Kraftverschwendung im Leben ist – und was wirklich nötig ist. Manche haben in diesen Wochen das erste Mal ihre nähere Umgebung erkundet – sonst ist man am Wochenende immer weggefahren. Manche entdecken, wie gut es tut, sich am Telefon mit Freunden länger zu unterhalten, statt sich immer nur Kurznachrichten über das Handy zu schicken. Jetzt sind alle daheim und zu erreichen. Jetzt wird auch in den Kirchengemeinden entdeckt, was wirklich wichtig ist – und was eigentlich nicht wirklich „fruchtet“, was fruchtlose Ranken, reines Buschwerk ist. Ob jede Aktion, jede Veranstaltung, jede Gruppe wirklich zu Gottes Ehre dient, dazu, dass Menschen im Glauben gestärkt werden? Dazu, dass Menschen Jesus ähnlicher werden?

 

V.

Was ist denn nun nötig, dass wir gute Frucht bringen können? Christus sagt es in seinem Gleichnis immer wieder: Bleibt. Bleibt am Weinstock, bleibt in meiner Liebe, bleibt in meinen Geboten. Bleibt in mir.  In einer lebendigen Beziehung ist „bleiben“ etwas hoch Aktives. Im Weinstock fließen die Pflanzensäfte vom Stock zur Rebe und zurück – sobald das nicht mehr möglich ist, stirbt die Rebe. In der Beziehung zu Gott ist es gerade so: diese Beziehung ist aktiv – oder sie stirbt ab. Wenn kein Austausch da ist zwischen Gott und mir – fließt in der Beziehung keine Lebenskraft mehr. Wenn ich nicht mit ihm rede, oder wenn ich nicht mehr auf ihn höre, stirbt unsere Beziehung ab!

Zwei Hilfen gibt Jesus uns, zwei Hilfen zum „Dranbleiben“: Erstens: Bleibt in meiner Liebe, sagt er. Das bedeutet: Haltet euch immer wieder vor Augen, was ich euch Gutes getan habe und tue. Eine hilfreiche Sache dazu ist das Danken, am besten spontan und regelmäßig. Spontan bei einem schönen Regenbogen, nach einem guten Essen, nach einem tiefen Gespräch mit Freunden „Danke Gott, du bist so wunderbar!“  Und auch regelmäßig: Abends ganz bewusst ein Gebet, in dem Sie sich an den Fingern herzählen, was Gott Gutes getan hat. Zum Beispiel, dass wir 75 Jahre Frieden haben; dass wir in einem Staat leben, in dem sich Regierende gut beraten lassen und das Notwendige tun; dass wir genug zu essen haben, dass wir so eine schöne Kirche haben, die auch in diesen Zeiten offen ist für eine stille Andacht; dass wir freien Zugang zu Gott haben – durch Jesus. Da fällt uns sicher mehr ein. Zehn Finger – zehnmal ein Dankgebet! 
Und das Zweite: Jesus sagt „Bleibt in meinen Geboten“. „Bleiben in Gottes Geboten“, das ist die bewusste Entscheidung. Ich möchte tun, was in Gottes Augen recht ist. Ich frage ihn nach seinem Willen, ich bitte um ein feines Gewissen – und ich bitte um Vergebung, wenn ich schuldig geworden bin. Um Himmels willen möchte ich keine Barriere zwischen mir und Gott aufbauen.

 

VI.

Für alle Mauerblümchen war diese Predigt. Für alle, die das Gefühl haben, gerade läuft das Leben ohne mich ab; gerade bin ich nur Zuschauer im Leben anderer; gerade bin ich auch nur Zuschauer von Gottesdiensten im Fernsehen. Nein! So ist das nicht. Jesus sagt uns heute: „Du bist nicht Zuschauer, Du bist nicht außen vor. Du bist ganz nah an mir dran, so nah, wie die Reben am Weinstock sind. Du gehörst dazu. Vielleicht zurzeit etwas anders als sonst, aber du lebst und gehörst zu mir, zu diesem Weinstock, der so viele Reben hervorbringt.“ In  diese Zeit findet sonst auch die Konfirmationsfeier statt. Die jungen Menschen sind traurig und enttäuscht, weil sie ihre Konfirmation nun erst viel später feiern können. An sie zu denken – auch das ist Ausdruck von der Verbundenheit der Christen untereinander, vom Bleiben am Weinstock Jesu Christi.
Uns allen sagt Christus: „Ihr seid keine Mauerblümchen im Leben. Ihr seid keine Zuschauer. Ihr steht nicht am Rand in der Kirche. Ihr seid mitten drin! Ihr seid stark in mir, denn“ – so spricht es Christus uns allen zu: "Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht."


Fürbitte (VELKD Wochengebet)

 

In dir bleiben,
Christus.
Die Kraft von dir empfangen.
Aus deiner Wurzel leben.
Aufnehmen und weiterreichen,
was du uns gibst.
Frucht bringen.
Christus, ohne dich können wir nichts tun.

 

Du gibst die Kraft.
Aus dir strömt sie.
Gib sie denen,
die müde sind,
die erschöpft sind von Corona,
die sich aufreiben in der Sorge für andere,
deren Mut aufgebraucht ist,
die sich fürchten vor dem, was kommt.
Du bist die Wurzel, die trägt.
Erbarme dich.

Du bist der Friede.
Du berührst die Herzen.
Verwandle die Hartherzigen,
die Kriegsherren und
die Lügner.
Ihr Gift sei wirkungslos,
weil du ihre Opfer heilst.
Du bist das Glück für die Schwachen.
Erbarme dich.

 

Du bist die Liebe.
Du machst alles neu .
Du bleibst.
Bleib bei den Trauernden, Christus
und bei den Liebenden,
denn ohne dich verlieren sie sich.
Du Liebe,
sprich zu uns,
zu deiner Gemeinde
und zu deiner weltweiten Kirche.
Bleib bei uns.
Christus, ohne dich können wir nichts tun.
Du bist der Weinstock.
Erbarme dich
heute und alle Tage, die kommen. Amen

                                                     



 Segen

 

Gott, mache unsere Herzen zu Wohnungen des Friedens und unsere Gedanken zu einem Hafen der Ruhe. Schenke unseren Seelen Liebe zu dir und zu einander und pflanze in unserer Mitte Freundschaft und Einigkeit, Eintracht und Achtung vor einander. Dazu segne uns Gott, der Vater, der uns geschaffen hat, Jesus Christus, der uns begleitet und der Heilige Geist, der uns Mut und Kraft gibt. AMEN

 

Einen gesegneten Sonntag wünscht Ihre/Eure Christa Bukovics

 

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